Sebastian Loth
Sebastian Loth
Gründer, Webentwickler


Meine Erfahrungen zu Gründung, Startups, Webentwicklung, SaaS, Digitalisierung, Innovation, Marketing und Motivation.

Wir machen das nächste große Ding, denn alle brauchen es!

Veröffentlicht am 13.02.2018

In der Startup-Szene habe ich schon häufig erlebt, dass wochen-, manchmal sogar monatelang an Businessplänen gefeilt wird, (große) Zahlen in Excel-Sheets verschoben und Präsentationen vorbereitet werden. Dann wird ein Unternehmen präsentiert bzw. verkauft, bei dem man denken könnte es ist bereits mehrere Jahre am Markt und hat Monopolstellung erlangt. Das Ganze hat nur ein Problem: Diese Pläne basieren größtenteils lediglich auf Annahmen.

Der Nutzer im Mittelpunkt, oder doch nur Annahmen?

Wer auch im Bereich Software- und Webentwicklung (selbstständig) tätig ist oder war, kennt es vermutlich: Jeden Monat erhält man mehrere Anfragen von Startups, die auf der Suche nach einem CTO oder Entwickler sind. Und bei so gut wie allen Anfragen gab es außer einem Gründerteam, das meist relativ wenig mit der Branche in der es tätig werden möchten zu tun hat, und einen durchschnittlichen Businessplan keine tatsächlichen Erkenntnisse. Das ist wirklich schade, denn ich denke einige Ideen könnten tatsächlich Potential haben, aber auch das ist eine nicht validierte Annahme ;) Eigentlich sehe ich genau das als Aufgabe der meist BWL-lastigen Gründer-Teams: Die Überprüfung von Entscheidungen, bevor unnötig Geld verbrannt wird.

In der Produkt- und Softwareentwicklung gibt es dazu verschiedene iterative Methoden und Vorgehensmodelle. Was diese Methoden gemeinsam haben ist, den Nutzer und dessen Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen und dessen Feedback so früh wie möglich in die Entwicklung einfließen zu lassen. Die meisten dieser Methoden haben das Ziel ein Produkt zu entwickeln das ein wirkliches Problem des Nutzers löst, wodurch automatisch ein Mehrwert entsteht.

Einfach mal loslegen und kostengünstig validieren

Ein positiver Nebeneffekt bei diesen Vorgehensweisen ist, dass relativ schnell mit etwas begonnen werden kann, um die eigene Idee zu validieren. Bei der Idee kann es sich um ein Produkt, eine Anwendung oder auch ein gesamtes Geschäftsmodell / Startup handeln.

Von den Startup-Teams habe ich dazu oftmals die Rückmeldung erhalten, dass das schon stimmt, aber die Entwicklung eines Prototypen Unsummen an Geld kosten würde. Das muss so aber nicht unbedingt zutreffen, zudem muss zur (ersten) Überprüfung der eigenen Annahmen noch nicht einmal zwangsläufig ein Prototyp vorhanden sein. Und ein Prototyp einer Problemlösung muss nicht in der Produktform umgesetzt werden, wie sie später tatsächlich zum Einsatz kommt.

Mit Design-Thinking von Annahmen zum Prototyp

Ende 2016 habe ich bei einem 5-tägigen Design-Thinking Coach the Coaches Workshop teilnehmen können (Danke an meinen Arbeitgeber, die Deutsche Anwaltshotline AG). Dabei ging es auch darum, den Design-Thinking Prozess einmal von Anfang bis Ende zu durchlaufen. Unter anderem sind wir dabei auf die Straße gegangen um Menschen zu interviewen, Ihre Bedürfnisse zu erfragen, Eindrücke zu sammeln und Probleme sowie Hindernisse zu erkennen. Also in kurzer Zeit viel über den Nutzer zu erfahren und ihn in dieser (kurzen) Interview-Zeit bestmöglich zu verstehen. Dies hilft, die eigenen Annahmen einordnen zu können und dazu braucht es keinen Prototypen.

Ist die Resonanz negativ kann man dadurch schon frühzeitig überlegen, ob die Annahmen vielleicht doch zu positiv bzw. naiv waren und diese ggf. korrigieren oder sogar den gesamten Ansatz überdenken. Bei einer positiven Rückmeldung hingegen gibt diese enormen Auftrieb, egal ob für das Team, sich selbst, gegenüber Investoren sowie Geschäftspartnern. Man hat die Kenntnis, dass die Annahmen korrekt sind und kann mit einem guten Gefühl zu den nächsten Schritten übergehen.

Einer der nächsten Schritte könnte dann auch die Entwicklung eines Prototyps sein. Im Zuge des Coach the Coaches sind dabei lustige und einfallsreiche Varianten zur Präsentation und Veranschaulichung der jeweiligen Idee entstanden. Keiner der Prototypen war ein Clickdummy oder eine funktionsfähige App, obwohl die Produkt-Ideen sehr stark in Richtung Web- und Mobile-Apps zielten. Wir haben gebastelt, Storyboards entworfen und das Ergebnis einem Publikum präsentiert, um im Anschluss dessen Feedback zu den Ideen zu erhalten. Und während der Erstellung der Prototypen haben wir selbst häufig schon Fehler bemerkt. Die Kosten für diese Prototypen bewegten sich (abgesehen von der Arbeitszeit) im ein- bis zweistelligen Euro Bereich.

Fazit

Außer der Zeit, die für die Interviews und Prototypen investiert wird, benötigt es keine Unsummen an finanziellen Mitteln und auch keinen Entwickler. Der Erkenntnisgewinn ist hingegen ziemlich umfangreich, es macht Spaß, man verlässt den theoretischen Bereich der Annahmen und geht direkt in den Kontakt zu den Nutzern und potentiellen Kunden. Natürlich haben auch Businesspläne ihre Daseinsberechtigung. Ich sehe diese aber primär darin, einen kritischen Blick auf das eigene Unternehmen und dessen Kostenstrukturen zu werfen, verschiedene Szenarien rechnerisch durchzuspielen oder einen potentiellen Investor zu informieren.

Wie seht ihr das? Ich freue mich auf euer Feedback zu diesem ersten "Prototypen" ;)